Neben dem normalen Jahreswechsel am ersten Januar beginnt das politische Jahr 2025 am 20. Januar mit der Amtseinführung Donald Trumps. Trump wird von Anfang an Gas geben, um seine Agenda umzusetzen. Denn er leidet von Beginn an unter einem, für einen neugewählten Präsidenten ungewöhnlichem, Manko: Er kann in vier Jahren nicht wiedergewählt werden.
USA: Trump 2.0
Es wurde in den letzten Monaten schon geschrieben, dass Trump auch die Verfassung ändern könnte, um eine weitere Amtszeit zu erreichen, doch dies wäre ohne einen echten Verfassungsbruch kaum möglich. Denn um die Verfassung der USA zu ändern, benötigt es eine Zweidrittelmehrheit in beiden Kongresskammern und zusätzlich der Bestätigung durch Dreiviertel der Bundesstaaten. Diese Voraussetzungen für eine Änderung des 22. Verfassungszusatzes (Beschränkung der Präsidentschaft auf zwei Amtszeiten) sind nicht zu erreichen. Wenn Trump sein politisches Erbe erhalten und auch vor zukünftiger Strafverfolgung sicher sein will, dann wird er schon frühzeitig einen Kronprinzen benennen müssen. Ein fantastischer Kandidat könnte auch aus der eigenen Familie kommen.
Schon allein, weil er nicht endlos Zeit hat, werden die ersten 100 Tage seiner neuen Amtszeit eine staccatoartige Abfolge von Entscheidungen bieten. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit wären hier folgende Punkte zu nennen:
- Austritt aus dem Klimaschutzabkommen
- Aufhebung von Beschränkungen zur Gewinnung fossiler Energien
- Stopp des „Green Deal“ Programms
- Begnadigungen der verurteilten Täter des Kapitol Sturms von 2021
- Einsetzen einer Untersuchungskommission zur Aufklärung der „Wahlfälschung von 2020“
- Maßnahmen zur verstärkten Grenzsicherung
- Erste Maßnahmen zur Rückführung illegaler Einwanderer
- Einschnitte in den Sozialbereich
- Anordnungen zur Deregulierung im Energie- und Finanzbereich
- Einführung von Zöllen gegenüber China, Mexiko und Kanada (mit Möglichkeit zusätzlicher Erhöhungen)
- Androhung von Zöllen gegenüber der EU
- Austritt aus Abkommen zur atomaren Rüstungskontrolle
- Personeller Umbau der amerikanischen Bundesverwaltung
Diesen relativ kurzfristigen Maßnahmen werden Initiativen zur Steuersenkung und zum Rückbau des Sozialsystems folgen. So extrem einem Europäer diese Aufstellung auch erscheinen mag, die Börse ist keine moralische Instanz und hier sollten zunächst einmal die Aussichten auf Deregulierung und Steuersenkungen positiv für den Aktienmarkt sein.
Diese Entwicklungen treffen auf einen Aktienmarkt, der auch bisher schon in keiner schlechten Verfassung war, und vor allem von den Technologiewerten angetrieben wurde. Dabei wird derzeit oft von einem Hype um Künstliche Intelligenz (KI) gesprochen, doch diese kurzfristige Bertachtungsweise verkennt, auf welcher ökonomischen Stufe der Durchdringung der Wirtschaft mit Künstlicher Intelligenz wir stehen. Um dies zu verdeutlichen, will ich kurz die uns bekannte Entwicklung der digitalen Revolution der wahrscheinlichen Entwicklung der KI-Revolution gegenüberstellen.
Wo steht die KI-Revolution?
Stand in der digitalen Revolution die Entwicklung von Basistechnologien wie Computerchips, Internet und kabellose Datenübertragung jeweils am Anfang des nächsten Evolutionsschrittes, so folgte in der zweiten Stufe die Umsetzung in eine anwendbare Technologie. Beispiele dafür sind Betriebssysteme wie Microsoft Office oder die Bereitstellung von Funknetzen für die mobile Datenübertragung. In der darauf aufbauenden dritten Stufe wurden diese technischen Angebote von zumeist anderen Firmen mit Inhalten, wie dem E-Commerce, gefüllt. Die letzte Stufe einer technologischen Durchdringung besteht aus den Effekten, die der technologische Wandel auf Unternehmen ausübt, die nicht direkt mit der neuen Technologie verbunden sind. Als positives Beispiel kann man hier die Logistiker sehen, die von dem gestiegenen Versandhandel profitiert haben und auf der entgegengesetzten Seite die Warenkaufhäuser.
Schauen wir auf die KI-Revolution, erkennen wir in unserem Raster, dass wir noch ganz am Anfang stehen. Die Basistechnologien sind erst wenige Jahre alt und verbessern sich weiterhin mit hohem Tempo. Die Anwendungen beruhen derzeit noch in erster Linie auf Mustererkennung und strahlen derzeit noch wenig über ihr eigenes Anwendungsfeld hinaus. Doch genau das sollte sich auf den Stufen drei und vier ändern. Was könnte KI hier bewirken? Zunächst wäre hier an die schon bekannten Themen autonomes Fahren, medizinische, steuerliche und rechtliche Beratung oder Militärtechnik zu denken. Doch es geht viel weiter. Mit KI reduzieren sich Versuchsreihen in der Material oder Medizinforschung massiv, so dass der gesamte Fortschritt eine Beschleunigung erfahren sollte. Eine Batterietechnik, die bei Autos und Flugzeugen die fossilen Antriebskonzepte verdrängt, autonome Rohstoffförderung auf dem Meeresboden oder der Menschheitstraum das Altern aufzuhalten, geraten hier in denkbare Reichweite. Das wären dann die epochalen Veränderungen der KI-Revolution.
Sind die Technologieaktien schon zu weit gelaufen?
Diese Fortschritte werden natürlich noch nicht alle 2025 erreicht, doch berücksichtigen sollte man, dass die Veränderungen durch die KI-Revolution die Aktienbörse noch auf Jahre hinaus stützen können und vermutlich nicht nur ein kurzer Hype sind. Die weitergehende Frage ist, ob die Erwartungen hier schon so weit vorausgelaufen sind, dass trotz fortschreitender technologischer Durchdringung nicht doch ein Rücksetzer zu erwarten ist, wie er in der dotcom-Krise Anfang des Jahrhunderts stattgefunden hat. Um diese Frage zu beantworten, müssen wir auf die aktuellen Bewertungen der Technologieaktien schauen.
Hierzu zeigt die folgende Grafik in Weiß den Kursverlauf des NASDAQ 100 in den letzten drei Jahren und als farbige Linien die die Gewinnschätzungen (umgerechnet in Indexpunkte) für die einzelnen Jahre. Die untere blaue Linie ist die Gewinnschätzung des Jahres 2023, die Ende 2023 aufhört, da hier die Schätzung zum bekannten vergangenen Ereignis wird. In orange folgt die Gewinnschätzung des Jahres 2024 (die in Kürze auch zum sicheren Ereignis wird), in lila die Gewinnschätzung 2025, in gelb die Gewinnschätzung 2026 und in hellblau die Schätzungen 2027. Was man in der Grafik erkennt, ist dass nicht nur die Kurse der Technologieaktien stark gestiegen sind, sondern auch die Gewinne bzw. die zukünftigen Gewinnerwartungen. Realisieren sich die Analystenerwartungen, steigen die Gewinne der Technologieaktien über einen längeren Zeitraum mit einer Wachstumsrate um die 20 % p.a. Ein Wert, mit dem kaum ein anderer Markt mitkommt.
Quelle: Bloomberg
Auf Basis der 2025 Gewinnerwartung liegen wir aktuell bei einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 31 für den NAS-DAQ 100. Das ist nicht billig, aber auch nicht so hoch, dass man davon ausgehen könnte, dass Technologieaktien jetzt nicht mehr weiter steigen können. Wenn sich die Gewinnsteigerungen in diesem Ausmaß sogar noch längerfristiger in der Zukunft halten ließen, was vor allem der Fall wäre, wenn die Dynamik der KI-Revolution auch auf Indexwerte in der zweiten und dritten Reihe überspringt, dann bestehen hier noch Kurschancen. So lange ist es noch nicht her, dass auch die NVIDIA ein Wert der zweiten Reihe war. In jedem Fall sind wir von den 600er KGVs von vor der Dotcom-Krise weit entfernt. Wenn die Technologieaktien deutlich fallen sollten, dann vermutlich nicht auf Grund der Bewertung, sondern weil etwas geschehen ist, das zu massiven Zweifeln an diesem Gewinntrend geführt hat. Und da könnten wir uns, trotz der insgesamt guten Voraussetzungen, einiges vorstellen.
Make America Risky Again
In unserem Newsletter aus dem Sommer 2024 hatten wir uns ausführlich mit der Möglichkeit steigender Inflation im Falle einer erneuten Präsidentschaft Donald Trumps beschäftigt. Dabei sehen wir nicht einmal die drohenden Zölle als den Haupttreiber, sondern die Kombination aus Stimulierung der Wirtschaft und gleichzeitiger Verknappung von Arbeitskräften durch eine rigide Migrationspolitik. Da heute schon ein hohes Beschäftigungsniveau besteht, ist das Reservoir an zusätzlich verfügbaren Arbeitskräften begrenzt.
Schon damals hatten wir die folgende Grafik gezeigt, die als blaue Punkte die monatlichen Kombinationen aus Arbeitslosenquote (x-Achse) und Inflationsrate (y-Achse) darstellt. Die rote Linie zeigt die Trendgerade durch den Ereignis-raum.
Quelle Bloomberg / eigene Berechnung
Man erkennt, dass steigende Beschäftigung tendenziell zu höheren Inflationsraten führt. Richtige Inflationsausreißer nach oben kommen vor allem bei Arbeitslosenquoten unter 4,2 % zustande. Mit einem aktuellen Wert von 4,2 % liegen wir genau an der Grenze zu diesem Bereich und jetzt soll die ausländische Konkurrenz durch Zölle behindert, der Zuzug ausländischer Arbeitskräfte begrenzt und die Wirtschaft mit Deregulierung und Steuersenkungen angetrieben werden.
Der Auftrag der amerikanischen Notenbank Fed ist es nicht, die Arbeit der Regierung zu beurteilen, sondern die Geldwertstabilität zu gewährleisten. Um sich nicht dem Verdacht der politischen Einflussnahme auszusetzen, muss die Fed mit ihren Entscheidungen warten, bis die Daten auch zunehmenden Inflationsdruck zeigen. Und dies wird nicht direkt nach Trumps Amtsübernahme zu sehen sein. Vielmehr werden zunächst noch die bestehenden Abschwächungstendenzen dominieren, so dass voraussichtlich zunächst noch Zinssenkungen erfolgen. Doch ob diese noch so deutlich ausfallen werden, wie es die Märkte derzeit erwarten und wann der Inflationstrend nach oben dreht, das sind die großen Unbekannten.
Grundsätzlich wird die US-Notenbank Fed versuchen, sich aus der politischen Debatte herauszuhalten und sehr vorsichtig, immer mit dem Blick auf die Daten, agieren. Denn auch wenn es von offizieller Seite stets verneint werden wird, so steht die Fed von Seiten Trumps doch unter Druck. Im Mai 2026 endet die Amtszeit des bisherigen Fed-Chairmans Jerome Powell und Trump steht das Recht zu, seinen Nachfolger zu berufen. Ganz sicher wird es niemand sein, der seiner wirtschaftlichen Agenda kritisch gegenübersteht. Und von Trump nahestehenden Kreisen verlautete schon mehrfach, dass es Pläne gebe, die Notenbank auch schon vorher umzubauen. Eine Drohung, die man nicht völlig ignorieren sollte, denn Trump steht unter Zeitdruck.
Der Druck besteht nicht nur, weil er nicht wiedergewählt werden kann, sondern auch weil in den USA zur Hälfte der Amtszeit jedes Präsidenten Zwischenwahlen stattfinden. Bei diesen Zwischenwahlen werden das gesamte Repräsentantenhaus, ein Drittel des Senats und verschiedene Gouverneure in den Bundesstaaten neugewählt. Trump selbst hat in seiner ersten Amtszeit und viele seiner Vorgänger haben in diesen Zwischenwahlen ihre parlamentarische Mehrheit verloren und waren danach auf Kompromisse mit der Opposition angewiesen.
Bei Trumps radikaler Agenda ist das ein schwieriges Unterfangen. Und diese Zwischenwahlen am 03.11.2026 haben es in sich. Denn die Republikaner im Repräsentantenhaus verfügen nur über eine Mehrheit von fünf Abgeordneten. Im Senat, wo die Republikaner jetzt drei Senatoren über der Mehrheit stellen, entfallen von den 33 zu wählenden Senatoren 20 auf bisher republikanische Amtsinhaber und bei den Gouverneurswahlen muss in 36 von 50 Bundesstaaten gewählt werden, wobei eine Vielzahl der bisherigen Amtsinhaber nicht mehr antreten darf.
Einer der Gouverneure, der 2026 nicht mehr antreten darf, ist Gavin Newsome, der Gouverneur von Kalifornien. Als Regierungschef des bevölkerungsreichsten und ökonomisch bedeutsamsten US-Bundesstaates ist er derzeit der wichtigste Politiker der demokratischen Partei. Bei der Frage, wer anstelle von Biden gegen Trump antreten sollte, hatte sich Newsome, obwohl vielfach gefragt, zurückgehalten. Aber 2028 wird er sicher antreten. Um seine Rolle als Trump Gegenspieler auch ausfüllen zu können, hat er sich gerade vom Parlament in Kalifornien 35 Millionen USD für Klagen gegen Bundesbehörden genehmigen lassen. Eine Umfrage unter Anhängern der Demokraten in Kalifornien hat ergeben, dass sich 72 % als Nachfolgerin von Newsome im Gouverneursamt Kamala Harris wünschen. Die Kandidatur einer so bekannten Nachfolgerin, mit weitreichenden Kontakten würde Newsome sicher gerne unterstützen, um sich selber als den kommenden Mann für das Präsidentenamt zu empfehlen.
Trump, der es in seiner ersten Amtszeit geschafft hat, innerhalb von nur drei Monaten von einer deutlichen Mehrheit der Amerikaner abgelehnt zu werden, ist auf den Erfolg seiner Politik angewiesen. Die geplanten Einsparungen im Staatshaushalt von zwei Billionen USD sind nur annähernd möglich durch Einschnitte im Rentensystem und in der Gesundheitsversorgung. Auch seine eigenen Wähler würden darunter leiden und könnten dies höchstens verzeihen, wenn die US-Wirtschaft und die Einkommen außergewöhnlich stark steigen würden. Einen langanhaltenden Disput oder sogar eine Notenbank, die in der konjunkturellen Entwicklung auf die Bremse tritt, kann sich Trump nicht leisten. Der Konflikt ist klar vorprogrammiert mit eindeutigen Risiken für den Dollar und die Aktienmärkte.
Wann „Great“ gefährlich wird
Ein weiterer Punkt in Trumps Agenda sollte risikobewusste Anleger aufhorchen lassen. Die geplante Einsetzung einer Untersuchungskommission zum angeblichen Wahlbetrug von 2020. Verschiedene Gerichte haben eine Vielzahl von Klagen hierzu abgewiesen, da es nie schlagkräftige Beweise für einen solchen Betrug gab. Aber vermutlich ist das Ganze mehr als nur ein angeblicher Rachefeldzug Donald Trumps. Es geht vermutlich darum, Schwächen im Wahlsystem zu finden, die dann eine Änderung des Wahlrechts rechtfertigen, mit dem Hintergedanken, möglichst vielen tendenziell demokratischen Wählern (Minderheiten, einkommensschwache Schichten) die Teilnahme an der Wahl zu erschweren. Damit könnten die Chancen für einen auserkorenen Nachfolger und ein Fortbestehen der „Make America Great Again“ (MAGA)-Bewegung deutlich erhöht werden.
Trump hat schon mehrfach bewiesen, dass er Grenzen überschreiten kann, ohne dadurch gezwungen zu sein, die politische Bühne verlassen zu müssen. Doch könnte er jede Grenze verletzen? Vermutlich nicht. Es gibt ein historisches Beispiel eines Präsidenten, der glaubte, Grenzen und Gesetze zum eigenen Vorteil übertreten zu können. Gemeint ist Richard Nixon und die Watergate-Affäre. Besonders aus dem Blickwinkel, was es für den Anleger bedeutet hat, ist dieser Vergleich sehr interessant.
Die Watergate-Affäre, die zum bisher einzigen Rücktritt eines US-Präsidenten geführt hat, beginnt am 17. Juni 1972 mit dem Einbruch in die Parteizentrale der demokratischen Partei im Watergate-Komplex in Washington. Zu Beginn wird dieser Einbruch noch keine hohe Bedeutung erlangen und Nixon im November 1972 wiedergewählt. Doch die Presse und Sonderermittler werden in den darauffolgenden Monaten ein Gestrüpp aus Gesetzesbrüchen, Korruption und Vetternwirtschaft aufdecken, das Amerika zutiefst erschüttert und zu anhaltenden Protesten führt.
Am 9. August 1974 tritt Nixon zurück, nachdem er auch die Unterstützung in den eigenen Reihen verloren hat. Gerade einmal vier Wochen später wird sein Amtsnachfolger Gerald Ford Nixon für alle begangen Taten begnadigen, so dass niemals ein Gerichtsverfahren gegen ihn stattgefunden hat. Die Anleger am amerikanischen Aktienmarkt mussten in der beschriebenen Zeitspanne Kursverluste von bis zu minus 40 % ertragen, wie die nächste Grafik am Beispiel des S&P 500 zeigt.
Quelle: Bloomberg
Man kann gegen diese Darstellung einwenden, dass in dem betrachteten Zeitabschnitt nicht nur die Watergate-Affäre, sondern auch der Jom-Kippur-Krieg und die daran anschließende erste Ölkrise liegen (Oktober 1973). Doch dann wäre auch die Gegenfrage statthaft, ob diese beiden Ereignisse auch so stattgefunden hätten, wenn Amerika nicht ein so zerrissenes Bild abgegeben hätte.
Was wir aus diesem Vergleich für die Börsenrisiken der zweiten Amtszeit Donald Trumps mitnehmen sollten, ist das Verständnis, dass die radikale Agenda Trumps auch zu einer solchen Instabilität innerhalb der USA führen kann, dass das Konsumentenvertrauen hiervon massiv gedrückt wird. Für eine binnenlastige Wirtschaft, wie die der USA, ein Problem, das dann auch zu sinkenden Aktienkursen führen sollte.
Bei Trump sind die Ankündigung und der Beginn immer großartig. Die Probleme kommen immer später mit den Fragen, wie nachhaltig diese Entwicklungen sind und welche Kosten sie verursachen. Dies wird so für die Börsenentwicklung gelten und auch für die internationalen Krisenherde. Trump ist Geschäftsmann und sieht Krieg, zu Recht, als Behinderung des Geschäftslebens. Er wird sicher versuchen, Konflikte, an denen die USA kein direktes Interesse haben, zumindest einzudämmen oder einzufrieren. Und wie immer bei Trump ergibt sich dann die Frage, wie nachhaltig wird dies sein?
Europa: Von Hellas lernen?
Dass Europa in der Krise steckt, ist keine überraschende Erkenntnis. Aber ganz Europa? Nein, es sind vor allem die klassischen Industrieländer des Nordens, die für die insgesamte Wachstumsschwäche des Kontinents verantwortlich sind, wie ein Blick auf die nationalen Wachstumsraten zeigt.
Quelle Bloomberg / eigene Berechnung
Dass Griechenland, der fast abgeschriebene Schuldensünder der Vergangenheit, heute wieder zu den wachstumsstarken Ländern gehört, ist kein Zufall. Denn hier wurden einschneidende Reformen durchgeführt, während Deutschland oder Frankreich sich seit langem reformunwillig zeigen und stattdessen die Staatsquoten erhöht haben. Dass die beiden Länder aktuell keine handlungsfähigen Regierungen mehr besitzen, kommt erschwerend hinzu.
In Deutschland wird am 23. Februar 2025 gewählt. Und es besteht zumindest die Hoffnung, dass danach endlich Reformen auch angefasst werden. Denn wenn auch diese neue Regierung scheitern sollte, dann wird danach die bestehende Regierungsarithmetik aus etablierten Parteien nicht mehr zu halten sein.
Das ist ein Zustand, den Frankreich schon erreicht hat. Denn welche Minderheitsregierung hier bis zum Sommer weiter machen soll, bis wieder Neuwahlen möglich sind, ist völlig offen. Und auch danach ist eine Regierung, die eine Mehrheit und den Willen hätte, notwendige Reformen durchzuführen, nicht zu erkennen. Die beiden schwergewichtigen politischen Blöcke am linken und am rechten Rand des Spektrums wohl kaum. Von diesen wäre eher eine Anti-EU-Politik zu erwarten, mit den Zielen, französische EU-Zahlungen zu verringern und entgegen den geltenden Regeln weitere Schulden machen zu können. Am besten mit Hilfe der EZB. Im extremen Fall könnte sich in Frankreich eine neue Eurokrise entwickeln. Dies ist noch nicht abzusehen, aber die Ausdehnung der Spreads französischer Anleihen spricht eine deutliche Sprache.
Wenn die kommende deutsche Regierung Führung übernehmen und Reformen auch auf EU-Ebene umsetzen will, dann wird sie sich auf die alte Achse Berlin–Paris nicht mehr verlassen können. Stattdessen werden Konsultationen und Kompromisse mit mehreren Ländern notwendig werden. Aber es kann ja auch nicht so falsch sein, die Erfolgreichen mit an das Steuer zu lassen.
Über eines sollte man sich bewusst sein, wenn wir über die Börsenaussichten in Europa sprechen. Auf Grund der viel stärkeren Verkrustungen würden Reformen vermutlich viel positivere Effekte auslösen, als dies beispielweise in den USA bei gleichen Maßnahmen der Fall wäre. Zeigen sich die großen Staaten Europas allerdings reformunfähig, dann wird Europa insgesamt am Ende der globalen Wachstumsdynamik zu finden sein. Auch dass die EZB voraussichtlich die Zinsen stärker senken wird als andere Notenbanken, wird alleine nicht reichen. Der große Risikofaktor in Europa ist eine von Frankreich ausgehende Eurokrise.
China: Im Osten nichts Neues
Vor wenigen Jahren war es fast Gewissheit, dass China in absehbarer Zeit die USA als größte Wirtschaftsnation der Welt überholen würde. Dass dies nicht geschehen ist, lag vor allem an politischen Entscheidungen in China, deren Ziel es nicht war, die Dynamic des freien Unternehmertums zu stärken, sondern den Machterhalt der Kommunistischen Partei Chinas zu sichern und keine zwischenzeitlich belastenden Umbrüche zuzulassen. Die Auswirkungen dieser Politik kann man auch erkennen, wenn wir nur die Börse betrachten. Die folgende Grafik zeigt die Eigentümerstruktur der 100 größten börsennotierten chinesischen Unternehmen nach Marktkapitalisierung im Wandel der Zeit. Privatunterneh-men sind definiert mit maximal 10 % Staatsbeteiligung, halbstaatliche Unternehmen mit 10 % bis 50 % Staatsbeteili-gung und Staatsunternehmen mit über 50 % Staatsbeteiligung.
Quelle: Reuters
Chinas Wirtschaft leidet an verschiedenen Problemen: Immobilienkrise, notleidende Kredite, demografische Entwicklung, inländische Konsumschwäche, Jugendarbeitslosigkeit, um nur die wichtigsten zu nennen. Um das fortlaufende Wirtschaftswachstum weiter auf dem gewünschten Niveau zu halten, haben die chinesische Notenbank und die chinesische Führung zuletzt eine Reihe von Maßnahmen beschlossen, die vor allem darauf abzielen die Kapitalmärkte zu stützen, die Finanzierungsmöglichkeiten zu verbessern und die Gewinnsituation der Unternehmen zu erhöhen. Die Börsen hatten darauf zunächst geradezu euphorisch reagiert. Doch als echte Strukturreformen ausblieben, mussten die Gewinne mit chinesischen Aktien zum Teil wieder abgegeben werden. Gerade erst hat die chinesische Regierung angekündigt, die Unterstützung der Wirtschaft noch zu verstärken. Echte Strukturreformen sind damit voraussichtlich nicht gemeint.
Wie sehr China geldpolitische Maßnahmen einsetzt, um die entsprechenden Wachstumszahlen zu erzielen, soll die folgende Grafik verdeutlichen. Diese zeigt die in US-Dollar umgerechneten Geldmengen M2 der USA, der Eurozone, Chinas und die Addition der Geldmengen der USA und der Eurozone.
Quelle: Bloomberg
Die Grafik zeigt, dass die chinesische Geldmenge mittlerweile größer ist als die der USA und der Eurozone zusammen. Und wir können sicher von Zinssenkungen und von Konjunkturmaßnahmen in China ausgehen, so dass auch 2025 in China ein solides Wachstum zu erwarten ist.
Der Grund, warum China noch nicht vor riesigen Inflationsproblemen steht, ist, dass diese Geldschöpfung nicht im Konsum ankommt, sondern gespart wird. Würde der Wunsch der Regierung in Erfüllung gehen, dass die inländische Nachfrage stark steigt, dann müsste man mit einem rasanten Inflationsanstieg rechnen. Aber auch ohne Inflation wirft diese Geldmengensteigerung Fragen auf. Wie stabil ist eine Währung, die so vermehrt werden kann? Vermutlich ist es 2025 noch zu früh, aber unendlich wird sich eine solche Geldpolitik nicht fortsetzen lassen, ohne dass es zu hohen Inflationsraten kommt oder der Außenwert der Währung massiv einbricht.
Was sagen die Modelle?
Wer unsere Jahresausblicke schon länger liest, weiß, dass wir nie sagen „das wird so kommen“. Es gibt immer mehrere Möglichkeiten. Wir haben aber Modelle entwickelt, die überwiegend auf aktuellen Marktdaten beruhen, die es uns ermöglichen, verschiedenen Aktienmarktszenarien Wahrscheinlichkeiten beizumessen.
Ausgehend von dem anhaltenden Megatrend der KI-Revolution, verbunden mit Zinssenkungen rund um den Globus und begleitet von Steuersenkungen und vielleicht auch Strukturreformen in der westlichen Welt, gehen unsere Modelle für 2025 von einem guten Aktienjahr aus. Wenn sich sogar internationale Krisen beruhigen ließen und sinkende Roh-stoffpreise dazu kämen, umso besser. In unseren Modellen schlagen sich die Aussichten in einer Erhöhung der Wahrscheinlichkeit für ein positives Aktienjahr insgesamt und für ein außergewöhnlich gutes Aktienjahr im Besonderen nieder. Und dies obwohl wir schon für das Aktienjahr 2024 nicht negativ gestimmt waren.
Quelle: Bloomberg / eigene Berechnung
Auf der negativen Seite haben wir eine erhöhte Bewertung der Technologieaktien und eine extrem hohe Anzahl von möglichen politischen Entwicklungen, die, wenn sie eintreten sollten, zu massiven Kursverlusten führen könnten. Darüber handelte ein Großteil dieses Jahresausblicks, auch wenn keines dieser Risiken aktuell so greifbar wäre, dass man sagen könnte, das geschieht sicher in 2025. Die Anzahl dieser Szenarien ist aber so groß, dass man davon ausgehen kann, dass sich auf Dauer einzelne hiervon realisieren werden. Daher die immer noch weit über dem historischen Durchschnitt liegende Wahrscheinlichkeit eines Crashszenarios. Bei vielem, was heute entschieden wird, stellt sich die Frage der Nachhaltigkeit. Und dies in der mehrfachen Bedeutung dieses Wortes.
Bei den Börsenfavoriten, die wir jedes Jahr benennen, gehen wir davon aus, dass Technologietitel auch weiterhin an der Spitze liegen werden. In der Abfolge der regionalen Aktienmärkte sehen wir weiterhin die USA auf Platz 1. Dahinter nehmen wir aber eine Veränderung mit Europa vor China vor. Wenn sich in Europa etwas bewegen sollte, dann ist der resultierende Effekt größer als irgendwo anders.
Alles, was wir geschrieben haben, wurde gründlich recherchiert. Aber natürlich kann man auch anderer Meinung sein und unfehlbar sind wir nicht. Dieser Text wurde auch nicht mit KI erzeugt, so dass mir zum Abschluss bleibt, Ihnen allen persönlich eine gutes und erfolgreiches Jahr 2025 zu wünschen.
Kay-Peter Tönnes
Bad Homburg v.d.H., den 12.12.2024
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